Das Trittsteinkonzept
– Schützen und Nutzen
Was ist das trittsteinkonzept?
Das im Steigerwald entwickelte Trittsteinkonzept vereint Waldbewirtschaftung mit Naturschutz. Es ist ein integratives Waldschutzkonzept, welches im Ebracher Forstbetrieb für die Staatswälder seit 2006 praktiziert wird und beispielhaft ist für den bayerischen Wegs „Schützen und Nutzen“. In enger Verzahnung mit Waldorten, in denen Holz genutzt werden darf, liegen kleine und größere für die Artenvielfalt reservierte Bereiche. Wie „Trittsteine“, die eine Querung eines Baches möglich machen, dienen die aus der Nutzung genommenen Bäume den Tieren, Pilzen und Pflanzen in den Wäldern, ihre Lebensräume zu verbinden und sich über ein großes Waldgebiet zu verbreiten.
Die 4 Elemente des Trittsteinkonzepts
Das Trittsteinkonzept besteht aus vier Elementen, die auch einzeln, beispielsweise von einem Kleinwaldbesitzer umgesetzt werden können. Jedes einzelne Element bedeutet Schutz von Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze. Die nutzungsfreien Waldtrittsteine
(=Naturwaldflächen) und Naturwaldreservate sind in bewirtschafteten Wäldern mit Tausenden von Biotopbäumen und hohen Mengen an Totholz eingebettet. Dadurch entsteht ein über die gesamte Waldlandschaft gespanntes fest verzahntes ökologisches Netz.
Biotopbaum
Als Biotopbäume gelten lebende Bäume mit Höhlen, mit Konsolenpilzen oder freiliegendem Holzkörper. Sie sind das „Rückgrat der Artenvielfalt“, weil sie flächendeckend – auch im bewirtschafteten Wald vorkommen. Wenn sie absterben werden sie zu stehendem und später zu liegendem Totholz. So dienen sie über ihren Tod hinaus der Waldartenvielfalt als Lebensraum und Nahrung. Wenn sie verrotten, entsteht zudem wertvoller Waldhumus. Ziel sind 10 Biotopbäume pro Hektar. In den Wäldern des Forstbetriebs Ebrach stehen weit über 100.000 Biotopbäume.
Totholz
Totholz ist der „Dünger des Waldes“. Es wird stehendes und liegendes Totholz unterschieden. Stehendes Totholz entsteht beim Absterben von Biotopbäumen oder nach Sturmereignissen. Liegendes Totholz entsteht durch Umfallen abgestorbener Biotopbäume, vielfach jedoch durch das Liegenlassen von unverkauftem Stamm- und Kronenholz bei der Holzernte. Je nach Waldort liegen die Totholzmengen in bewirtschafteten Wäldern zwischen 20 und 60 m3 pro ha. In Wäldern ohne Holznutzung (Nr.3 und 4) kann die Totholzmenge noch höher sein.
Waldtrittstein
Das sind über die Waldlandschaft verteilte Kleinflächen, die dauerhaft nicht genutzt werden. Ihre Größe bewegt sich zwischen 0,3 und 20 Hektar. Eine Besonderheit bildet die große Naturwaldflächen Knetzberge-Böhlgrund mit 850 Hektar. Kennzeichen der Waldtrittsteine sind eine hohe Anzahl an Biotopbäumen. Wie ihr Name bereits vermuten lässt, bieten sie der Artenvielfalt eine Möglichkeit zur „Zwischenlandung“ bei der Ausbreitung. Sie vernetzen somit die Naturwaldreservate untereinander und mit den Biotopbäumen und dem Totholz in den bewirtschafteten Waldorten. Eine Besonderheit sind dabei ökologisch wertvolle Waldränder und bachbegleitende Bäume, die als lineare Waldtrittsteine besonders wertvolle Vernetzungselemente sind.
Naturwald reservat
Naturwaldreservate sind nach Waldgesetz besonders streng geschützte Waldorte. Hier ist oft schon seit Jahrzehnten die Holznutzung eingestellt. Sie sind die „Lebensversicherung für die Waldarten“, aber auch Lernorte für eine naturnahe Waldbewirtschaftung. Deshalb werden sie von vielen Forschungseinrichtungen intensiv erforscht. Im Steigerwald gibt es sechs Naturwaldreservate (Böhlgrund, Brunnstube, Kleinengelein, Mordgrund, Waldhaus, Zwerchstück), deren Größe zwischen 23 und 183 Hektar beträgt.
Wo befinden sich die Trittsteinflächen?
In den Wäldern des Forstbetriebs Ebrach gibt es weit über 100 Waldtrittsteine. Die größte nicht genutzte Fläche im Steigerwald ist der Naturwald Knetzberge-Böhlgrund mit 850 Hektar. Kleinere Trittsteinflächen umfassen 0,3 – 10 Hektar. Im Forstbetrieb Ebrach sind bereits über 11 Prozent der Waldfläche als Naturwaldreservate und Naturwaldflächen streng geschützt. In den bewirtschafteten Waldteilen stehen weit über 100.000 Biotopbäume, die später zu dicken Methusalembäumen werden. Sie sterben am Ende ihres Lebens eines natürlichen Todes und ihr Holz verbleibt im Wald. Trotz Holznutzung bleiben so große Mengen an Totholz in den Wäldern erhalten.
Top 10
Der wiederhergestellten Waldökosysteme in Deutschland
ausgezeichnet vom Bundesumweltministerium im Zuge der weltweiten UN-Dekade „Ecosystem Restoration“
Wie das Ebracher Trittsteinkonzept die Vielfalt im SteigerWald wiederherstellt. Ein Modell für ganz Europa.
Alle Waldarten haben auf das seit 2006 bestehende Konzept sehr schnell reagiert. Beispiele dafür sind der Zunderschwamm und der Schwarzkäfer, die sich wieder auf der gesamten Waldfläche ausgebreitet haben. Die ehemals seltenen Stachelbartpilze und besondere Vogelarten sind wieder häufig anzutreffen. Das Ebracher Trittsteinkonzept wurde deshalb 2023 als eines der 10 besten Konzepte wiederhergestellter Waldlebensräumen in Deutschland vom Bundesumweltministerium ausgezeichnet. Es gilt in ganz Europa als Beispiel dafür, wie Nutzen und Schützen in Wäldern unter einen Hut gebracht werden kann.
Ulrich Mergner, Initiator Trittsteinkonzept und ehemaliger Forstbetriebsleiter Ebrach, erklärt Studierenden der THWS aus Würzburg die Elemente des Trittsteinkonzepts.
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