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Rund 30 Bürgermeister wollen eine gemeinsame Marke für die Region entwickeln
Eine überregional akzeptierte Marke mit dem Kennzeichen „Steigerwald + Nachhaltigkeit“ soll es werden. Erstmals in der jüngeren Geschichte des Steigerwalds haben sich rund 30 Bürgermeister aus allen sechs Landkreisen, die Anteil an diesem kleinen Mittelgebirge haben, an einen Tisch gesetzt und ihre Absicht erklärt, die gesamte Region zu vernetzen und damit voranzubringen.
Im Moment kursiert das achtseitige Thesenpapier zu diesem Thema durch die Stadt- und Gemeinderäte und war am Montag auch Thema im Gerolzhöfer Rat. Verfasser sind Albrecht Fürst zu Castell-Castell, Günter Biermayer von der Bayerischen Forstverwaltung, Oskar Ebert vom Verein „Unser Steigerwald“, Joachim Hamberger vom Verein für Nachhaltigkeit, der Iphöfer Bürgermeister Josef Mend für den Waldbesitzerverband sowie die Bürgermeister Claus Seifert (Scheinfeld), Siegfried Ständecke (Michelau) und Georg Zipfel (Schlüsselfeld).
Das Netzwerk „steigerwald.23 – region für Nachhaltigkeit“ (siehe Infobox rechts) soll eine Ergänzung zum Nachhaltigkeitszentrum sein, das 2013 eröffnet wird. Als Ziele des Netzwerks sind regionale Vermarktung, energieautarke Dörfer, sanfter Tourismus und respektvoller Umgang mit den Naturgütern formuliert.
Ungünstig für den Steigerwald, so die Autoren, war es schon immer, dass die Region in drei Regierungsbezirken liegt. Das basiert letztendlich noch auf verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten aus dem 19. Jahrhundert. Trennend wirke sich zudem aus, dass der Steigerwald in allen sechs Landkreisen „im hintersten Winkel“ liegt. Und viele Grenzen zerschneiden ihn, etwa in der Zeitungslandschaft, wo in Ortschaften, die nur einen Steinwurf voneinander entfernt sind, eine andere Tageszeitung gelesen wird. Oder im Sport, wo benachbarte Fußballmannschaften in geografisch ganz verschieden ausgerichteten Ligen spielen. Auch die Leader-Aktionen bleiben fast immer an den Landkreisgrenzen stehen.
Diese Grenzen sind es in den Augen der Autoren auch, die eine Koordination des 1988 gegründeten Naturparks Steigerwald nur schwer möglich machen.
Zum Nationalpark Steigerwald führt das Papier aus, er sei auf den ersten Blick eine attraktive Idee, die aber große Konsequenzen für viele Gemeinden und Grundbesitzer im Steigerwald nach sich gezogen hätte. Auch nachdem die Staatsregierung das Projekt für abgehakt erklärt hat, gebe es weiter eine Gegnerschaft von Befürwortern und Ablehnern. Das Nachhaltigkeitszentrum sei dazu gedacht, diesen Streit beizulegen.
Anders als bei Konstrukten wie Biosphärenreservat, Nationalpark oder Landschaftsschutzgebiet soll eine Region der Nachhaltigkeit den Vorteil haben, dass „die Ziele selbstdefiniert, freiwillig, passgenau und ganzheitlich sind“. So könnten die Menschen im Steigerwald selbst ihren Lebensraum entwickeln. Dabei gelte es, Zielübereinstimmungen etwa mit Befürwortern des Nationalparks deutlich zu formulieren, wie etwa den achtsamen Umgang mit der Natur oder den Tourismus.
Herausgearbeitet und beworben werden sollen auch gastronomische, gewerbliche, land- und forstwirtschaftliche Besonderheiten des Steigerwalds. Jedenfalls sei genügend kulturelles, ökologisches und wirtschaftliches Potenzial vorhanden, um eine Marke „Steigerwald“ zu entwickeln.
So haben sich die Lokalpolitiker gemeinsam über Verwaltungs- und Parteigrenzen bereits mehrmals an einen Tisch gesetzt, um dieses Nachhaltigkeitsprojekt voranzutreiben. Bis Herbst 2012 sollten einleitende Schritte getan sein. Bis dahin sollen auch die Projektkonturen klar erkennbar sein. Voraussetzung ist allerdings, dass sich alle Kommunalparlamente zu dieser „Steigerwald-Charta“ bekennen. Dann könnte der Steigerwald „die erste selbst definierte und selbst verantwortete Nachhaltigkeitsregion der Welt werden“.
Um es vorwegzunehmen. Der Gerolzhöfer Stadtrat tat es einstimmig. Bürgermeisterin Irmgard Krammer begrüßte den Vorstoß. Krammer kann sich konkret Vortragsreihen zum Thema Energie und den öffentlichen Nahverkehr als Themen vorstellen. „Dazu gehört auch die Bahn, die ich begrüßen würde. Und auch das Nachhaltigkeitszentrum in Handthal muss über den öffentlichen Verkehr erreichbar sein.“
Thomas Vizl kritisierte die sechs Landräte im Steigerwald, „die die größten Bremser des Projekts sind, weil sie fürchten, dass sie Kompetenz aus der Hand geben müssen“. Das bestätigte zweiter Bürgermeister Erich Servatius, der die Stadt bei den Vorgesprächen vertreten hat. Bisher sei dort noch nie ein Landrat zu sehen gewesen. Das Ganze sei eine Initiative der Bürgermeister, die näher an den Menschen seien als Landräte.
Thorsten Wozniak nannte die Charta „ungriffig“. Wenn die Stadt zustimme, müsse sie auch überlegen, was sie wolle. Das Ungriffige sei gerade der Vorteil, denn das Konzept soll schließlich mit Ideen aus der Bevölkerung belebt werden, entgegnete Burkhard Wächter.
steigerwald.23
Für das Netzwerkprojekt in der Region wurde der vorläufige Name steigerwald.23 gewählt. In ihm stecken Geschichte und Zukunft. Denn aus dem Jahr 1023 stammt die erste Beschreibung des Steigerwaldes, als Kaiser Heinrich II. den Wildbann über dieses Gebiet an den Bischof von Würzburg verlieh. Das jährt sich also 2023 zum 1000. Mal. Daher soll 2023 als zeitliches Ziel und als Vision des Gesamtprojektes „Region Nachhaltigkeit Steigerwald“ verwendet werden, bei dem eine gemeinsame Identität entwickelt werden soll.
Von Main-Post Redaktionsmitglied Norbert Finster
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